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Huren: Frauen, die der Liebe dienen

Ein Artikel von Sehpferd - © 2008 by sehpferd

Der Wackelschwanz der Kultur hat niemals eindeutig festgelegt, welche der Dienste an Geist, Seele und Körper, die eine Frau an einem Mann vollbringt, verwerflich genannt werden sollen und welche als Freude, sinnliches Vergnügen und körperliche Genugtuung betrachtet werden dürfen.

Denn wer eine Hure ist, bestimmt die Gesellschaft durch ihre stetig wechselnden Vorstellungen - und je nachdem, wem gerade die Definitionsmacht gegeben wurde. Doch eines ist sicher: die Grenze zwischen bloßer Unterhaltung, körperlicher Selbstdarstellung, erotischen Handreichungen und dem Geschlechtsakt sind fließend - und schwammig ist auch, was als Lohn gilt: Je geringer er ist, und je offensichtlicher er ausgehändigt wird, umso mehr wird vom "Hurenlohn" gesprochen. Weil das alles so ist, halten sich die meisten Frauen, die ihren Unterhaltungswert gegen Geld oder Geldeswert einzutauschen gewohnt sind, meist vornehm zurück - ins Licht der Öffentlichkeit geraten hingegen immer wieder die Frauen vom Drogenstrich oder die aus den Schmuddelbordellen. Neuerdings freilich interessiert sich die Öffentlichkeit allerdings auch für "gehandelte" Frauen - und erfährt neue Schauergeschichten aus der Welt der käuflichen Liebe.

Definition der Hure: Sie macht öffentliche erotische Angebote

Eine gebräuchliche Definition für die Hure ist diese: "Hure ist, wer sich als Frau öffentlich jedem Mann gegen Geld erotisch anbietet".

Der Begriff der Prostitution wird durch diese Definition zunächst erweitert: Nicht nur der Beischlaf, sondern auch andere "geschlechtliche Handlungen" werden erwähnt, und die Erregung und Befriedigung, die zum Hurenberuf dazu gehört: Nicht jeder Mann, der eine Hure besucht, ist schon erregt, wenn er zur Tür hereinkommt, und nicht jeder wünscht Druckknöpfchenerotik - die kann er daheim auch haben. Bloch muss ein guter Kenner der Materie gewesen sein, wenn er sagt, dass nur diejenigen Frauen als wirkliche Huren bezeichnet werden, die "wahllos" Kunden annehmen. Auch das beständige öffentliche Anbieten gehört dazu - keine Frau, die ihre Profession öffentlich geheim halten konnte, wäre jemals als "Hure" bezeichnet worden.

Nicht alle sind "notorisch" - der Hurenberuf existiert auch als Nebenjob

Wer sich also nicht öffentlich anbietet, sondern nur Gelegenheiten sucht, bei denen Frauen zur Unterhaltung erwünscht sind, und bei wem die geschlechtliche Kontaktbereitschaft nicht bereits als Aushängeschild im Gesicht geschrieben steht, der ist keine Hure. Frauen, die so etwas tun, sitzen zum Beispiel in ganz normalen Hotelbars oder geben relativ unverfängliche Bekanntschaftsanzeigen auf - manche freilich treten niemals ins Rampenlicht - sie lassen sich über Agenturen vermitteln, die nach außen hin lediglich dazu dienen, die Stadt nicht alleine durchstreifen zu müssen. Auch sind bei weitem nicht alle "notorisch". Manche Frauen nutzen bestimmte Gelegenheiten, um sich zu prostituieren: sie warten so lange, bis sich ein Mann kommt, der ohnehin die Spendierhosen trägt oder der dumm genug ist, sich wie eine Weihnachtsgans ausnehmen zu lassen - oft, ohne dass es überhaupt zum Geschlechtsverkehr kommt.

Schließlich gibt es eine Fülle von erotischen Dienstleisterinnen, die sich niemals das Attribut "Hure" auf die Stirn drücken lassen würde: Dazu gehören neben einschlägigen "Masseurinnen", die nur Hand- und Oralverkehr ausüben, auch die so genannten Dominas, deren Dienstleistung für viele ohnehin nichts "Erotisches" hat - ganz abgesehen von den vielen Frauen, die den Herrn beim erotischen Rollenspiel auf unterschiedliche Arten zu Diensten sind.

Auch die meisten als Begleiterinnen engagierten "Hostessen" würden sich mehrheitlich wehren, wenn man sie der Prostitution bezichtigen würde - sie gehen ja nur mit den Herren aus, und was anschließend passiert, so werden sie jedenfalls behaupten, sei ausschließlich ihre Privatsache.

Ein bedeutsamer Wechsel: der Hurenberuf wird neu definiert

Heute hat sich die Auffassung über Huren in den meisten europäischen Ländern gewandelt: Die erotische Dienstleistung ist mittlerweile eine von vielen Varianten einer expandierenden Unterhaltungsbranche, und sie reicht von der gepflegten Unterhaltung mit eleganten Damen über den Kuschelsex und die manuelle oder orale Befriedigung bis hin zum "Gesamtprogramm" mit voller sexueller Befriedigung - von den Rollenspielvarianten noch einmal ganz abgesehen.

Enstprechend vielfältig sind inzwischen die Berufsbezeichnungen: zu den traditionellen Hurenberufen sind die Masseurinnen, die Escorts, die Dominas und Slavias gekommen, wobei völlig neue Talente gefragt sind: Halbwegs zu wissen, wie man es einem Mann "schön machen" kann, ist nicht mehr genug, um in der heutigen Welt mit dem Hurenberuf Geld zu verdienen. Auch die Begriffe haben sich verschoben: Heute verkauft die Hure eher ihre Zeit und ihre Gesellschaft als den "Stich", also den simplen Geschlechtsakt innerhalb einer Viertelstunde.

Schweden hat immer noch das falsche Hurenbild

Es ist erstaunlich, wie sehr sich der Begriff des "öffentlichen Anbietens" bis heute erhalten hat. Demnach ist eine Anbieterin erotischer Dienstleistungen nur dann eine Hure, wenn sie sich öffentlich persönlich ausstellt, um klar zu machen, dass sie gegen ein Entgelt den realen Geschlechts- oder Oralverkehr ausüben wird - und sonst nichts. Dies aber ist exakt das Hurenbild, das die schwedische Gesetzgebung im Auge hatte, als sie "die" Prostitution verbot. In Wirklichkeit waren die meisten Bereiche der Prostitution vom Verbot gar nicht betroffen, denn da man in Schweden die Freier und nicht die Huren bestraft, können nur Fälle bekannt werden, bei denen öffentlich zwischen Freier und Hure verhandelt wird - und dies ist so gut wie nur bei der Straßenprostitution der Fall. Es scheint zumindest so, als ob die schwedische Justiz dies sehr wohl gewusst hat - die schwedische Sozialbehörde SOS macht jedenfalls keinen Hehl aus diesem Wissen. Mittlerweile verabreden sich Huren mit ihren Freiern in Schweden im Internet zu "Blind Dates" in Lokalen - das kann ihnen niemand verbieten.

Der Hurendienst wird zur erotischen Dienstleistung

Man sieht daran recht deutlich, dass die Prostitution für die Behörden dann nicht existiert, wenn sie der Öffentlichkeit entzogen wird. Dies ist freilich nicht nur in Schweden so. Denn wo immer von Huren öffentlich berichtet wird, handelt es sich um Drogenprostitution, Menschenhandel oder Zuhälterunwesen.

Dort ist die Hure dann in der Tat oft eine "ausgebeutete Frau, die Fronarbeit verrichteten muss", und dies oft gegen ihren ausdrücklichen Willen und unter schlechtesten Arbeitsbedingungen. Doch, wer glaubt, diese Bedingungen würden durch ein Verbot der Prostitution besser, der sieht sich getäuscht: Der Markt kann nicht trocken gelegt werden - er verlagert sich nur in noch dunklere Kanäle, die vor Polizei und Öffentlichkeit sorgsam verborgen werden.

Die "besseren" Damen lächeln nur über die Gesetze

Die Damen, die nachts in ihren kleinen Appartements girrend lachen oder ein Hotelzimmer mit dem durchreisenden Fremden teilen, haben sich freilich nie für dererlei Gesetze interessiert, und über Resozialisierungsprogramme für Huren können sie nur lächeln - ihr Einkommen liegt in Größenordnungen, in denen das Wort "sozial" ein Fremdwort ist.

Fazit: Die Welt wandelt sich, und mit ihr der Hurenberuf

Können die Menschen in den Berufen, die heute ein ganzes Spektrum erotischer Dienstleistungen vollbringen, noch ernsthaft als "Huren" bezeichnet werden? Vermutlich nicht. Ihre Tätigkeiten sind bei weitem zu unterschiedlich. Einige der Berufsgruppen benötigen zahlreiche Fremdsprachen, müssen die Anstandsregeln der bürgerlichen Gesellschaft beherrschen und sich so kleiden, dass sie sich überall sehen lassen können. Ander müssen erhebliche schauspielerische Talente beweisen, und wieder andere müssen mindestens die medizinischen Grundkenntnisse einer Krankenschwester mitbringen. Der Hurenberuf ist nicht mehr für die Frauen da, die aus dem gesellschaftlichen Raster hinausgefallen sind - er wird mehr und mehr zu einem beruf neben anderen - und nicht nur Zimmermädchen, Friseurinnen, Serviererinnen und Krankenschwestern interessieren sich dafür, sondern mehr und mehr auch Akademikerinnen - manche von ihnen setzen einfach das fort, womit sie in der Studienzeit ihr Geld verdient haben.

Über den Tag hinaus

Der Beruf der Hure war zu allen Zeiten umstritten: vom Alten Testament über das Mittelalter bis in die Neuzeit. Schon immer standen neben den als "Fleischfabriken" bezeichneten Hurenhäusern mit hoher Besuchsfrequenz die Etablissements mit den "besseren" Damen - doch nicht nur sie übten das Gewerbe aus. Manch brave Ehefrau wusste auch, wie sich das Nadelgeld aufbessern ließ, und so manche ledige Sekretärin führte ein Doppelleben, um sich ein Zubrot zu verdienen. Die Damen wurden mal verdammt und mal geehrt, je nachdem, in welche Richtung sich der kulturelle Wackelschwanz gerade bewegte: Mal wollte man sie ins Fegefeuer jagen, dann wurde ihnen das Himmelreich versprochen. Das Einzige, was sich daraus ergibt, ist dies: Im Hurenberuf ist die Frau auf sich gestellt. Sie muss entscheiden, handeln und verantworten - und was die Schwätzer und Schwätzerinnen dazu sagen, muss ihr im Grunde genommen egal sein - heute wie vor tausenden von Jahren.

Unser Bild: Klischee des Hurenberufs - Mitte der 1950er Jahre.

Euer Autor Gebhard (sehpferd)

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