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Wie aus Nacktheit Pornografie wurde

Pornografie vom aufrechten Affen bis zur Jetzzeit

Ein Artikel von Sehpferd © 2008 by sehpferd

Die Tsetsefliege könnte an allem Schuld sein - sie vertrieb unsere Vorfahren aus Afrika - und da musste sie sich wohl oder übel beim Bären bedienen: Fell musste her, um Schutz vor der Kälte zu finden.

Die Geschichte der Pornografie beginnt mit der Geschichte der Kleidung. Wie die Menschen angezogen aussahen, wusste man - doch wie sie ausgezogen aussagen, wurde nach und nach zum Geheimnis. Lange ist die Sache übrigens noch nicht her: Noch im Mittelalter sah man einander nackt im Badehaus - Männlein wie Weiblein.

So richtig dunkel um die Erotik wurde es erst, als das Bürgertum die Kulturhoheit übernahm. Man gab sich keusch, bigott und "wohlanständig". Bereits die andeutungsweise Erwähnung sexueller Dinge war in bürgerlichen Gesellschaftskreisen verpönt, und den Kindern, insbesondere aber den Töchtern, wurde eine "Schamhaftigkeitserziehung" verordnet. Öffentliche Nacktheit hatte keinen Platz mehr in der Gesellschaft, und schone seine Darstellung in der nach und nach aufkommenden Fotografie galt als pornografisch.

Die meisten "French Postcards" waren absolut brav

Die angeblich so frivolen "french postcards" waren gar nicht wirklich frivol - sondern sie zeigten nackte junge Frauen, deren Schamhügel noch weitgehend retouchiert waren und die schon deshalb kaum erotische Stellungen boten, weil die Belichtungszeit der Fotos damals noch viele Sekunden dauerte - so lange musste man stillstehen.

Den Moralwächtern allerdings war dies alles bereits viel zu "anstößig". Für sie war all dies Pornografie und sonst gar nichts.

Neben der Fotografie war es vor allem das Schrifttum, das die Moralhüter erzürnte: Handschriftliche erotische Texte gab es schon immer, aber sie waren in ihrer Sprache so abgefasst, dass sie nur Eingeweihte verstanden. Die einheitliche Hochsprache und die Buchdruckerkunst machten es erstmals möglich, einem großen Publikum erotische Schriften zugänglich zu machen - nur waren diese so teuer, dass sie sich kaum jemand leisten konnte - und ihre Verbreitung beschränkte sich deshalb auf die reichen Bürger, die sich mit "Liebhaberausgaben" eindeckten.
Die alte Erotik war oft schockierend frivol

Einige dieser Schriften waren bereits so frivol, dass Lesern auch heute noch die Schamröte beim Lesen in den Kopf steigt: nicht nur die Einlassungen des Marquis de Sade, sondern auch die E.T.A Hoffmann zugeschrieben Novelle "Schwester Monika" (erschienen 1815) gehört zu den Büchern, die ausschweifend über die Lust und den Schmerz berichteten.

Im neunzehnten Jahrhundert - vor allem zu dessen Ende - erschienen dann etliche anonyme erotische Romane, die zum allergrößten Teil eben auch der Schmerzlust und den erotischen Ausschweifungen gewidmet waren. Das Interesse an der Sexualität wuchs in gleichen Maße, wie das Bürgertum den Deckel darauf hielt. Die Prüderie ging im 20. Jahrhundert durchaus weiter: Staat und Kirche verhinderten mit Erfolg, dass erotisches Schrifttum Eingang in die Buchhandlungen fand, selbst nackte Brüste durften nicht gezeigt werden - mit Ausnahme bestimmter "sauberer" Aktfotografie. Vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und das Dritte Reich bis hin zur Adenauerära erstreckte sich das Band einer überheblichen Prüderie, die durch gar nichts begründet war, außer durch die Tatsache, den Staatsbürger unmündig zu halten.

Der erste Erfolg gegen die unsäglichen Gesetze und Auflagen wurde in Dänemark erzielt, wo das Gesetz gegen die Verbreitung pornografischer Schriften am 2. Juni 1967 aufgehoben wurde. In Deutschland erfolgte nur eine bedingte Freigabe.

Die Diskussion darüber, was Pornografie ist und wie schädlich sie sich auswirkt, wird freilich weitergeführt. Die Speerspitze der sogenannten "Pornografiegegner" finden wir heute sowohl in den beiden Kirchen wie auch in der Gutmenschenbewegung, die für eine neue Moral kämpft. Als besonders extrem erwiesen sich in Deutschland auch die Feministinnen um Alice Schwarzer, die in der Pornografie eine Diffamierung der Frauen sehen wollen.

Euer Autor Gebhard (sehpferd)

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